Gesunde Führung leben: Warum Mitarbeiterverantwortliche über Gesundheit die Zukunft, Leistung und Attraktivität ihres Unternehmens sichern
- michaelgillitz
- 4. Sept.
- 5 Min. Lesezeit

In meiner langjährigen beruflichen Praxis als betrieblicher Gesundheitsmanager habe ich hautnah erlebt, wie sehr das Verhalten von Mitarbeiterverantwortlichen die Gesundheit und Motivation von Mitarbeitenden beeinflusst. Angesichts steigender Krankenstände – im Jahr 2023 fielen Beschäftigte in Deutschland durchschnittlich 15 Tage aus, gegenüber 10 Tagen im Jahr 2015 – suchen viele Unternehmen nach Wegen, diese Entwicklung aufzu-halten. Gesunde Führung gilt dabei als vielversprechender Ansatz. Darunter verstehe ich einen Führungsstil, der die körperliche und mentale Gesundheit des Mitarbeiterverant-wortlichen und der Mitarbeitenden in den Mittelpunkt rückt, mit dem Ziel, ein gesundes Arbeitsumfeld zu schaffen, das Stress und Belastungen reduziert, Motivation fördert und die Leistungsfähigkeit langfristig erhält.
Zentrale Elemente gesunder Führung – erlebbar im Alltag
Wenn ich mit Mitarbeiterverantwortlichen im Verteilzentrum von dm arbeite, merke ich schnell: Gesunde Führung zeigt sich nicht in großen Konzeptpapieren, sondern in den kleinen Momenten des Alltags.
SelfCare: Ich erinnere immer wieder daran, dass gesunde Führung bei einem selbst beginnt. Nach einem unserer Workshops zur gesunden Führung erzählte mir ein Mitarbeiterverantwortlicher, dass er angefangen hat, vor und nach langen und inten-siven Meetings ganz bewusst kurze Mikropausen einzubauen. Diese Momente der Ruhe helfen ihm, wieder durchzuatmen, klarer zu denken und sich insgesamt ent-spannter und leistungsfähiger zu fühlen.
StaffCare: Im Ansatz des Health Oriented Leadership spielen die Ebenen Value, Awareness und Behavior eine zentrale Rolle. Value bedeutet, dass dem Mitarbeiter-verantwortlichen die Gesundheit seiner Mitarbeitenden wirklich wichtig ist.
Awareness heißt, dass er erkennt, wenn die Belastung für das Team insgesamt zu groß wird oder wenn es einzelnen Mitarbeitenden nicht gut geht.
Behavior schließlich bedeutet, dass er aktiv gegen diese Belastungen etwas unter-nimmt und den Mitarbeit-enden gezielt Aufmerksamkeit zu Gesundheitsthemen schenkt. Damit dies glaubwürdig gelingt, ist die eigene Vorbildfunktion durch SelfCare entscheidend – und genau daran arbeiten wir in meinen Workshops zur gesunden Führung.
Transparente und wertschätzende Kommunikation: Ich erlebe es immer wieder, wie stark klare Worte und ehrliches Feedback wirken. Wenn ein Mitarbeiterverantwort-licher nach einer anstrengenden Schicht sagt: „Danke, dass ihr durchgehalten und eine so gute Leistung abgeliefert habt“, entsteht Wertschätzung und Motivation. Es geht darum, gesehen zu werden.
Förderung von Resilienz und Stresskompetenz: In meinen Workshops vermittle ich den Mitarbeiterverantwortlichen, wie sie Stresskompetenz systematisch aufbauen können. Dabei geht es um drei Ebenen: Stress erkennen – also Belastungen frühzeitig wahrnehmen und typische Stresssignale deuten. Emotionale Stressverstärker – innere Antreiber wie Perfektionismus, Ungeduld oder überhöhte Erwartungen identifizieren, gezielt hinterfragen und bewusst reduzieren. Regenerationstechniken – Methoden wie achtsame Pausen, Entspannungsübungen oder kurze Erholungs-routinen einsetzen, um die eigenen Ressourcen wieder aufzufüllen. Auf diese Weise lernen Mitarbeiterverantwortliche nicht nur, selbst besser mit Stress umzugehen, sondern auch ihre Teams wirksam in belastenden Situationen zu unterstützen.
Sinnorientierung und Purpose: Nichts motiviert mehr, als zu wissen, warum man seine Tätigkeit macht – und welcher innere Treiber damit verbunden ist. Purpose bedeutet, dass Mitarbeitende nicht nur eine Aufgabe erfüllen, sondern verstehen, welchen Beitrag sie damit leisten und was sie persönlich antreibt.
Gesunde Führung ist kein abstraktes Modell. Sie lebt von konkreten Gesten, Entscheid-ungen und Gesprächen. Wenn Mitarbeiterverantwortliche SelfCare, StaffCare, Kommuni-kation, Resilienz und Sinnorientierung miteinander verbinden, entsteht ein Arbeitsumfeld, in dem Gesundheit und Motivation selbstverständlich sind.
Krankenstände reduzieren durch gesunde Führung
Dass Führungsverhalten und Mitarbeitergesundheit eng zusammenhängen, ist heute sehr gut belegt. Der Krankenstand ist immer auch ein Führungsthema – diverse Studien weisen einen klaren Zusammenhang zwischen Führungsverhalten und Fehlzeiten nach. Überlastung und ein dysfunktionales Verhalten von Mitarbeiterverantwortlichen gehören zu den Hauptursachen für steigende Fehlzeiten, da sie sich negativ auf das psychische und physische Wohlbefinden der Beschäftigten auswirken. Mit anderen Worten: Schlechte Führung macht krank. Umgekehrt können gute Führungsgewohnheiten die Gesundheit der Mitarbeitenden schützen – und genau hier setzt das Konzept der gesunden Führung an.
Für mich als betrieblicher Gesundheitsmanager deckt sich das mit meinen Erfahrungen. Oft sind es scheinbar „weiche“ Faktoren – ein klärendes Gespräch bei Überlastung, ein Dankeschön nach einer anstrengenden Woche, das ernstgemeinte Nachfragen am Arbeits-platz oder ein empathisches Rückkehrgespräch nach einer Erkrankung („Wie geht’s dir? Wie kann ich dich unterstützen?“) –, die eine große Wirkung auf die Gesundheitsquote haben. Fehlen solche Signale der Fürsorge, fühlen sich Mitarbeitende leicht alleingelassen und gestresst, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie sich krankmelden oder inner-lich kündigen. Kein Gesundheitskurs kann das wettmachen, wenn im Alltag der Druck dominiert und der Mitarbeiterverantwortliche kein offenes Ohr hat.
Allerdings erfordert gesunde Führung oft ein Umdenken und neue Kompetenzen auf Seiten der Mitarbeiterverantwortlichen. Viele sind keine Gesundheitsexpert*innen – und sollen es auch nicht sein. Aber sie brauchen Bewusstsein und Tools, um ihre Fürsorgepflicht wahrzunehmen, ohne ihre betrieblichen Ziele zu vernachlässigen.
Hier kommt die Führungskräfteentwicklung ins Spiel. Meine Workshops in gesunder Führung sensibilisieren Mitarbeiterverantwortliche dafür, wie ihr Verhalten auf die Mitarbeitergesundheit wirkt, und vermitteln praktische Strategien, um Krankenstände zu senken. Zum Beispiel lernen sie, in Gesprächen mit häufig belasteten Mitarbeitenden angemessen zu reagieren, Frühwarnsignale (Übermüdung, Rückzug im Team) zu erkennen und Unterstützung anzubieten, statt mit Misstrauen oder Druck zu reagieren – denn Letzteres wäre kontraproduktiv. Sie lernen auch, die eigene innere Haltung zu reflektieren: Bin ich wirklich daran interessiert, dass meine Mitarbeitenden gesund bleiben, oder sehe ich Gesundheit nur als Zahl in der Statistik? Diese Reflexion ist wichtig, denn echte Fürsorge lässt sich nicht vorgaukeln – Mitarbeitende spüren den Unterschied sofort.
Meine Erfahrung und Überzeugung: Jede Investition in die Gesundheitskompetenz von Mitarbeiterverantwortlichen zahlt sich mehrfach aus – in Form von weniger Fehlzeiten, höherer Produktivität, gesteigerter Motivation und nicht zuletzt einem besseren Miteinander im Team.
Gesunde Führung als Teil des Employer Branding
Gesunde Führung wirkt nicht nur nach innen, sondern strahlt auch nach außen – und wird damit zu einem wichtigen Faktor für das Employer Branding. In Zeiten des Fachkräfte- und auch Mitarbeitermangels achten insbesondere jüngere Talente genau darauf, wie ein Arbeitgeber mit dem Thema Gesundheit umgeht. Eine gesunde Kultur, in der Fürsorge, Wertschätzung, dialogische Kommunikation und Work-Life-Balance mehr sind als leere Worte, verschafft Unternehmen einen handfesten Wettbewerbsvorteil im Kampf um begehrte Fachkräfte und Mitarbeitende.
Eine starke Arbeitgebermarke zeichnet sich dadurch aus, dass bestehende Mitarbeitende gerne bleiben und positiv über ihren Arbeitgeber sprechen. Genau hier zahlt sich gesunde Führung doppelt aus. Erstens bindet sie Mitarbeitende langfristig: Wer sich von seinem Mitarbeiterverantwortlichen wertgeschätzt und unterstützt fühlt, hat weniger Gründe, das Unternehmen zu verlassen. Jeder fünfte Arbeitnehmerwechsel wird auf unzureichende Führungsqualität zurückgeführt – sprich: viele Kündigungen ließen sich vermeiden, wenn Mitarbeiterverantwortliche besser in der Mitarbeiterführung (und -fürsorge) ausgebildet wären. Gesunde Führung senkt also nicht nur den Krankenstand, sondern auch die Fluktuation, indem sie ein Umfeld schafft, in dem Menschen sich wohlfühlen und bleiben möchten.
Zweitens werden zufriedene, gesunde Mitarbeitende zu Botschaftern ihres Unternehmens. Wer gerne zur Arbeit geht und das Gefühl hat, dass seine Gesundheit im Unternehmen wirklich zählt, trägt diese positive Erfahrung nach außen – im privaten Umfeld ebenso wie auf beruflichen Netzwerken. Durch gesunde Führung werden Mitarbeitende zu besseren Markenbotschaftern, was den Ruf des Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt verbessert. Eine Unternehmenskultur, die auf diesem Führungsstil basiert, wird von außen wahrgenommen und stärkt die Arbeitgebermarke, weil sie signalisiert: „Hier steht der Mensch im Mittelpunkt.“ Genau das erwarten jüngere Generationen zunehmend: Laut Umfragen legen besonders Berufseinsteiger aus Generation Z großen Wert auf Sinn-haftigkeit der Arbeit und einen wertschätzenden Führungsstil. Wenn diese Erwartungen nicht erfüllt werden, sinkt die Zufriedenheit rapide – mit Folgen für Fehlzeiten und letztlich Kündigungsbereitschaft. Umgekehrt gilt: Vermittelt ein Unternehmen glaub-würdig, dass Gesundheit und Wohlbefinden zentrale Werte sind, gewinnt es das Vertrauen und die Loyalität seiner Beschäftigten und punktet bei Bewerber*innen.
Mein Fazit
Gesunde Führung ist weit mehr als ein Gesundheitsprojekt oder ein Modetrend im HR. Aus meiner Sicht handelt es sich um einen entscheidenden Erfolgsfaktor für Unternehmen in der heutigen Zeit. Mitarbeiterverantwortliche, die in diesem Sinne ausgebildet und sensi-bilisiert werden, können gleichzeitig das Wohlbefinden der Beschäftigten steigern, Krankenstände senken und die Leistungsbereitschaft heben. Damit tragen sie unmittelbar zu besseren Ergebnissen bei. Und nicht zuletzt zahlt gesunde Führung auf die Zukunfts-fähigkeit der Organisation ein: Ein Unternehmen, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt, wird auch in Zeiten des Wandels loyale, motivierte Mitarbeitende an seiner Seite haben.
Für mich steht fest: In einer Arbeitswelt, die immer komplexer und fordernder wird, ist gesunde Führung kein „Nice-to-have“, sondern ein Must-have – für die Menschen und für den Unternehmenserfolg.







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